Texte grenzenlos
2022-07-08
von Manfred Ströhlein
Ist „allein sein“ gleichbedeutend mit „einsam sein“? Ich für mich nehme jedenfalls in
Anspruch, gerne allein sein zu wollen, sehe mich aber dabei niemals „von aller Welt
verlassen“. Wollte ich mich selbst beschreiben, dann finde ich mich im Daseinsbegriff
„geselliger Einzelgänger“ wieder. Ich brauche in meinem Leben Menschen um mich
herum und ehrlich geoutet, ich suche nach öffentlicher Wertschätzung, will aber mein
Individuum pflegen, da braucht’s oft die Realisierung meines Strebens, allein (also ohne
Mitmenschen) sein zu wollen – allein mit mir selbst, um mein Denken in „Gott und die
Welt“ einzuordnen. Zu meinem ständigen Bemühen nach Selbstfindung gehört es,
möglichst in freier Natur, also keine Menschen neben oder vor mir, in eine tiefgründige
Gedanken- und Geisteswelt einzutauchen, oft mit unterstützender Literatur der
„gehobenen Klasse“, um nach einer Antwort auf die mir gestellte Frage zu finden, „wie
wertvoll bin ich für diese Welt?“. Bei solcher Sinniererei muss ich ganz allein mit mir
selbst sein, aber dabei bin ich keinesfalls einsam.
Das Streben nach allein sein lässt sich bei mir ganz leicht erreichen, indem ich meiner
Leidenschaft des Angelns nachgehe. Oft sitze ich stundenlang auf meinem Hocker an
einem Gewässerufer, habe nur als „einzige Lebewesen“ die Tierwelt neben und vor mir.
Die eingangs zitierte Selbsteinschätzung, ich sei ein „geselliger Einzelgänger“, findet
soweit auch eine Antwort dergestalt, ich bewege mich in naturgegebener Geselligkeit –
beispielsweise mit Wildgänsen, Krähen, einem Eisvogel oder einer Biberfamilie.
Ich habe aber neben „meiner Natur“ noch ein Weiteres. Ich bin sehr gerne alleine in einer
Kirche – „ohne Programm“. Nur so dasitzen, im (aussichtslosen) Versuch verharren, gar
nichts zu denken, sich einfach nur einer kaum zu beschreibenden Atmosphäre
hinzugeben, vielleicht doch nicht „ganz allein“ zu sein. Für Körper und Geist ein Genuss.
Was ist nun mein persönliches Fazit zu all meinen „philosophisch geprägten
Hirnverrenkungen“. Alleinsein mit sich selbst ist keinesfalls mit Einsamkeit
gleichzusetzen, man ist ja vielmehr mit sich selbst in einer spirituellen Gemeinsamkeit
verbunden. Und wenn man „dieses Allein“ für sich selbst mit allen Sinnen nutzt, dann
stellt man für das eigene Ich fest, wie überaus wertvoll es ist, mit „imaginären Wesen“
gesprochen zu haben, um dabei für sich selbst Antworten zu finden, die mir ein geselliger
Mitmensch hätte niemals liefern können.
Ein deutscher Schauspieler ließ unlängst von sich schrieben, „Ich finde Einsamkeit
hochgradig wichtig.“ Das Alleinseinwollen muss man aber für sich ins eigene Bewusstsein
„einarbeiten“. Verbringt doch einfach mal einen Tag nur mit euch selbst.
You never walk alone –
Du gehst nie allein,
Gott wird mit dir sein.
Also ist es unmöglich, glauben zu wollen, man könne wirklich allein sein!
Uschi Prawitz - 13:38:07 | Kommentar hinzufügen
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